Farbpigmente der byzantinischen Ikonenmalerei
Die warme Atmosphäre und starke Ausdruckskraft griechischer Ikonen aus der byzantinischen Zeit begründet sich auf eine sehr sparsam gewählte Farbpalette! Hier gilt der Grundsatz “weniger ist mehr” und erklärt sich auch aus der Tatsache, dass es damals sehr viel schwieriger war, Farben herzustellen oder sie zu erwerben. Jeder Ikonenmaler hütete seine Pigmente wie seinen eigenen Augapfel und ging sparsam mit ihnen um. Mit ihren mühselig erzeugten Farbpulvern schufen Ikonenmaler der byzantinischen Zeit ihre bis heute hervorragenden Werke.
Um diese alten Vorbilder möglichst originalgetreu bis in die Farbgebung hinein reproduzieren zu können, empfiehlt es sich also, sich auch heute - entgegen der verlockenden Vielfalt von angebotenen Farbpigmenten, Tuben und Tiegeln zu heute erschwinglichen Preisen - sich auf nur wenige Farben zu besinnen. Um alte Ikonen möglichst genau zu reproduzieren, trug Georgos Makrakis das Wissen um die Vier-Farb-Theorie wieder nach Kreta und verbreitete es dort. Es ist auch die Grundlage meiner Ikonenmalerei geworden.
In der traditionellen Ikonenmalerei verwendete Pigmente:
Pigmente der vier Basisfarben weiß (1), ocker (2), rot (2) und schwarz (4), aus der die gesamte Farbigkeit einer Ikone bestehen kann. Roter Krapplack (5) und Zinnober (6) können die Farbigkeit der orthodoxen Ikonenmalerei um ein Vielfaches erhöhen.
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Die Vier-Farben Praxis
oder die sogenannte Vier-Farben-Theorie umfasst traditionell die oben abgebildeten Farben Eisenoxid-Ocker, Eisenoxid-Rot, Eisenoxid-Schwarz und Titan-Weiß. Mit diesen Pigmenten plus den sich daraus erzeugten Mischfarben lassen sich die schönsten Ikonen reproduzieren. Dabei lässt sich jedoch nicht von der Hand weisen, dass die alten Maler für den Umhang der Mutter Gottes und anderer, in dunklem rotbraun gehaltener Gewänder sowie für die Skizzen der Gesichtskonturen noch ein zusätzliches Farbpulver verwendeten, den so genannten Krapplack - eine purpur-rötliche Lasur.
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Beispiele für rotbraun gehaltene Gewänder mit einer Lasur aus Krapplack.
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Die strahlend roten Gewänder der Hl. Katherinia, der Hl. Anna und vieler Könige lassen sich zwar mit dem obig gezeigten Rotpigment anmischen, doch ist die Verwendung von Zinnober ungleich empfehlenswerter, zudem Ikonenmaler der damaligen Zeit ebenfalls über dieses Pigment verfügten.
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Beispiele für die Verwendung von Zinnober.
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Da Schwarz und Weiß eigentlich keine Farben darstellen, sondern Aufhellung bzw. Verdunklung erzeugen, kommen wir wieder zurück auf die Vier-Farb-Theorie, die sich für mich folgerichtig aus den Farben Rot, Ocker, Krapp und Zinnober zusammensetzt plus schwarz und weiß als Abtönung bzw. Aufhellung.
Aus diesen Farben lassen sich alle anderen Farben herstellen. Blau entsteht durch die Mischung von schwarzen und weißen Pigmenten - nein, das ist kein Druckfehler! Um ein Grau zu erzeugen, muss zu Schwarz und Weiß noch Ocker hinzugefügt werden.
Ergänzende Farben der Ikonenmalerei
Einige wenige Ikonen der byzantinischen Zeit weisen jedoch die Verwendung eines sehr strahlenden Blau auf, dass nicht mit Schwarz und Weiß herzustellen ist. Dieses Blau (z.B. aus der Fußwaschung Christi) ist zerriebenes Lapislatsuli und daher sehr teuer gewesen und wurde nur selten und sparsam verwendet. Um diesen Farbton nachzuempfinden, greift man heute auf Ultramarin oder Kobaltblau zurück und verwendet es ebenso mit Bedacht wie damals.
Russische Ikonenmalerei und ihre Farben
Grün und Blau sind häufig genutzte Pigmente in der russischen Ikonenmalerei |
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Die russische Ikonenmalerei der byzantinischen Zeit benutzte mehr Farben als ihre griechische Schwester und der Malstil entwickelte sich von den kräftigen, pastösen Farben von Byzanz hin zu der typischen transparenten, ätherischen Farbgestaltung. Neben den hier besprochenen Farben tauchten neben Blau auch Grün.-, Rosa.- und Violettfarben auf.
Oftmals erfolgten die Aufträge für Ikonen nicht nur von der Kirche, sondern auch von dem Herrschergeschlecht der jeweiligen Epoche, welche sich von der vorherigen Epoche/König gern auch über die in Auftrag gegebenen Ikonen unterscheiden wollte und daher einen anderen Stil bzw. eine andere Farbgebung bevorzugte und förderte. Schon anhand der Farbpalette einer Ikone lassen sich undatierte Ikonen auf diese Weise ihrer wahrscheinlichen Entstehungszeit zuordnen.
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