Sind Ikonen nur für orthodox-Gläubige zu malen?
Und darf man noch lebende Personen auf Ikonen verehren?

Diese beiden Fragen stellte mir ein aufmerksamer Leser und ich möchte hier darauf antworten:
Schon im ersten Jahrtausend der Ikonenmalerei lassen sich auf byzantinischen Ikonen westliche Einflüsse ausmachen. Die Kirchenspaltung im Jahre 1054 teilte schliesslich die christliche Kirche in zwei Lager: in die Katholische Kirche (west) und in die Orthodoxe Kirche (ost). Jedoch wurden weiterhin Ikonen in beiden Kirchen gemalt, wobei jede Region auch ihre kirchen-typischen Heiligen auf Ikonen verehrte.
Ikonenmaler paßten sich also von alters her den Wünschen ihrer Auftraggeber an und malten vermutlich bisweilen auch Heilige der jeweils anderen christlichen Kirche. So konnte ein und dieselbe Werkstatt im lateinischen Stil (west) als auch im z.B. kretischen Stil (ost) Ikonen anfertigen. Entsprechend wurden Ikonen von Heiligen angefertigt, die nicht zur Orthodoxie zählten.

Ob man noch lebende Personen auf Ikonen abbilden darf?
Das ist ein zugegeben sehr ungewöhnlicher Fall, denn meist ist die Heiligsprechung ja ein sehr langer Prozeß.
Für den jetzt tätigen und lebenden Papst Franziskus I. habe ich eine Ikone angefertigt, da in katholischen Devotionaliengeschäften bereits ähnliche Bilder zur Verehrung angeboten werden.
Papst Franziskus I. hilft durch seine Namenwahl, beide Kirchen wieder einander anzunähern, denn der Heilige Franziskus von Assisi wird sowohl in der Katholischen, als auch in der Orthodoxen Kirche sehr verehrt. Darüber hinaus ist er ebensogut in der Evangelischen Kirche bekannt. Daher ist mir der neue Papst sympathisch, auch wenn ich keine Katholikin bin, sondern orthodox getauft wurde, und der Papst für mich persönlich “nicht zuständig ist” - so möchte ich es mal diplomatisch ausdrücken.

Als Ikonenmalerin halte ich mich jedoch an die Wünsche meiner Auftraggeber (sofern sie nicht “sittenwidrig” sind, selbstverständlich) und male im Stil ursprünglicher, byzantinischer Ikonen.
Ja - ich könnte auch im modernen Stil malen, aber dies, liebe Leserin und Leser, interessiert mich nun überhaupt nicht, da es sich hierbei um eine vollkommen andere Haltung des Malers während der Arbeit handelt, die mir nun wirklich nicht gefällt. Zu diesem wirklich wichtigem Thema ist ein Artikel in Arbeit...